Sassi di Matera

Außergewöhnliche Höhlensiedlungen in Matera

Die Sassi di Matera sind zwei außergewöhnliche Höhlensiedlungen in der Stadt Matera in der Basilikata: Sasso Caveoso und Sasso Barisano. Sie bilden zusammen mit der „Civita“ und dem „Piano“ das historische Zentrum der Stadt. Die Sassi von Matera zählen zu den ältesten Siedlungen der Welt. Ihre Geschichte geht bis in Jungsteinzeit zurück. Selbst eine große Zwangsumsiedlung in den 1960er Jahren konnte nicht verhindern, dass sie heute als Wohnort wieder beliebter werden.

Die Höhlensiedlungen wurden in zwei Talfurchen der felsigen Murgia-Hochebene erbaut, die durch einen Ausläufer voneinander getrennt sind. Darauf erstreckt sich das aristokratisch mittelalterlich anmutende Civita-Viertel.

Steine, nichts als Steine prägen das Bild der Sassi di Matera: Überall wachsen die in den Felsen gegrabenen Höhlen und Häuser förmlich aus dem fahlem Kalkstein, den es hier in Hülle und Fülle gibt. Sie stehen so dicht gedrängt neben- und übereinander, dass man keinen Anfang und kein Ende der Behausungen findet. Ein paar blasse Gräser trauen sich hier und da an die Oberfläche oder sprießen in den Bewässerungsrinnen. Vereinzelte kleine Gärten und farbige Fensterrahmen bringen nur wenig Farbe in die Tristesse. Breite Straßen sucht man vergeblich. Die Anwohner erreichen ihre Häuser nur durch schmale Gassen und über unzählige Treppen.

Und doch hält es einige Unentwegte hier in den Sassi. Sie schwärmen vom Zusammenhalt der Familien und den bunten Schattierungen der Steine im Sonnenlicht. Ihr Leben hat sich in den letzten Jahren allerdings auch spürbar verbessert. Obwohl die Felsenarchitektur von Matera nach wie vor wenig Wohnkomfort bietet, ist sie ausgesprochen sehenswert. Aufgrund ihres einzigartigen archäologischen und kulturellen Wertes wurden die Sassi di Matera 1993 zusammen mit dem Park der Felsenkirchen zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Heute sind die Sassi di Matera eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Basilikata.

Sassi di Matera
Am Abend herrscht im Ort eine ganz besondere romatische Atmosphäre.

Besichtigung der Sassi di Matera

Natürlich kann man die Sassi auch auf eigene Faust erkunden, aber man sollte die Höhlensiedlung nicht unterschätzen. Schier unendlich viele Gänge schlängeln sich durch die unübersichtlichen Siedlungen aus gleichartigen Häusern. So mancher hat sich schon verlaufen, und die Handy-Navigation hilft hier nicht wirklich weiter. Wir empfehlen Ihnen eine geführte Tour durch die Sassi von Matera, die Sie bei unserem Reisepartner GetYourGuide buchen können. Weitere Aktivitäten in Matera auf einen Blick.

Während der Tour sehen Sie Höhlenhäuser, die nach der Evakuierung für Touristen hergerichtet und mit historischen Möbeln und Werkzeugen ausgestattet wurden. Sie lernen zudem ein oder zwei der schönsten Felsenkirchen kennen. Für die vielen anderen sehenswerten Felsenkirchen kann man spezielle Touren buchen. Ihr Guide versorgt Sie mit interessanten Informationen über die Sassi und ihre Bewohner, sodass ein unvergesslicher Tag auf Sie wartet.

Geschichte der Sassi di Matera

Entstehung der Höhlenwohnungen

Matera liegt auf dem Hochplateau von Murgia, welches das Tal der Gravina überragt. Dort ließen sich im Neolithikum die ersten Siedler nieder, die in der Nähe des Flusses alles zum Leben Notwendige fanden. Sie nutzten zunächst die natürlichen Höhlen. Doch bald entdeckten sie, dass sich der aus Muscheln und Schnecken entstandene Kalkstein leicht bearbeiten lässt. Sie gruben sich tiefer in den Felsen hinein, um ihre Höhlenwohnungen zu vergrößern. Später gewannen die Menschen aus dem Kalkstein auch Baumaterial. Vor- und Anbauten wurden an den Höhlenwohnungen errichtet und immer wieder erweitert.

Sassi di Matera - Höhlenwohnung
Die Höhlenwohnungen stehen ganz oben auf der Besichtigungsliste in der Siedlung.

Allerdings blieben es auch über die Jahrhunderte hinweg dunkle, kalte und feuchte Höhlen, in denen die Menschen ohne Strom und Wasser unter unwürdigen hygienischen Bedingungen hausten. Es gab keine Toiletten und auch kein Abwassersystem, was diese Bezeichnung verdient hätte. Man behalf sich mit Erdlöchern. Dass die Haustiere, wie Schafe und Maultiere, mit in den Höhlen lebten, war nicht nur eine Platzfrage. Vielmehr spendeten sie ihren Besitzern im kalten Winter auch ein wenig Wärme. Im Sommer wiederum litten alle unter der unerträglichen Hitze. Ungewöhnlich war auch die Nutzung einiger Hausdächer als Friedhof. Doch auch als Gärten waren sie sehr beliebt.

Trotz oder gerade wegen der prekären Lebensverhältnisse entwickelte sich ein enges Gemeinschaftsgefühl unter den Bewohnern. Meist blickten mehrere Höhlenwohnungen auf einen gemeinsamen Hof, dessen Brunnen und Backofen man sich teilte. Dort trafen sich die Nachbarn, um sich auszutauschen und gegenseitig zu helfen.

Das raffinierte Bewässerungssystem in den Sassi di Matera

Die Gewinnung und Speicherung von Wasser war in den Sassi di Matera immer ein überlebenswichtiges Thema. Matera ist oft von extremer Witterung betroffen. Hitze und Wind trocknen den Boden aus, der ohnehin kaum Wasser speichert. Kommt dann doch einmal Regen, erleben die Einwohner oft das andere Extrem: Sturzbäche rauschen durch den Ort und der Schlamm sammelt sich in der Talsenke.

Doch das größere Problem war der Wassermangel. Daher begannen schon die Steinzeitmenschen damit, das kostbare Nass in Form von Regen und Kondenswasser aufzufangen. Der Grundstein für ein raffiniertes Bewässerungssystem aus Brunnen, Zisternen, Tunneln, Rohren und Rinnen wurde schon in der Bronzezeit gelegt. Als Fehler erwies sich im später, dass die Bewohner im letzten Jahrhundert einen kleinen Bach zugeschüttet hatten, der bei Starkregen zu einem reißenden Fluss anschwellen konnte. Damit funktionierte auch das rudimentäre Abwassersystem kaum mehr. Die hygienischen Bedingungen in den Sassi verschlimmerten sich.

Gefährliche Lebensbedingungen ab dem 19. Jahrhundert

Während das Ökosystem aus Mensch und Natur lange einigermaßen akzeptabel funktionierte, verschlechterte sich die Lage der Einwohner durch eine Bevölkerungsexplosion ab dem 19. Jahrhundert. Viele neue Siedler, meist arme Landarbeiter und Mönche, kamen hinzu. Die meisten Gärten, die bei der Versorgung der Familien halfen, mussten aus Platzmangel weichen. Viele der Zisternen und Lagerräume wurden zu Wohnungen umfunktioniert. Nun wurde nicht nur nebeneinander, sondern zunehmend auch in Stockwerken übereinander gebaut. Die früher so wichtige Weidewirtschaft lag am Boden.

Das ganze Ökosystem in den Sassi von Matera war überlastet. Die Bewohner litten an Malaria und anderen Krankheiten, die sich rasant ausbreiteten. Am Ende beklagte man eine Kindersterblichkeit von 44 %. Während sich die Oberstadt mehr und mehr zu dem modernen Zentrum entwickelte, dass man von einer Provinzhauptstadt erwarten konnte, bliebt die Zeit in den Sassi von Matera förmlich stehen.

Die Zwangsevakuierung der Sassi di Matera ab 1952

Der von den Faschisten internierte Schriftsteller Carlo Levi besuchte die Sassi ungefähr 1944, als der Zusammenbruch nicht mehr abwendbar war. Erst sein Buch „Christus kam nur bis Eboli“ machte die Weltöffentlichkeit auf die unhaltbaren hygienischen Verhältnisse und die Epidemie-Gefahr in den Sassi von Matera aufmerksam.

Nach dem folgenden Aufschrei im Land wurde endlich auch die Regierung in Rom in der Sache aktiv. Im Jahr 1952 wurde das „Sondergesetz für die Rehabilitierung der Sassi“ erlassen. Im gleichen Jahr begann die Zwangsumsiedlung der Bewohner in moderne Sozialwohnungen in der Oberstadt von Matera. Rund 20.000 Menschen mussten im folgenden Jahrzehnt ihre Behausungen verlassen. Etlichen fiel das trotz der widrigen Umstände schwer.

Sassi di Matera - Felsenkirche
Rund 100 Gotteshäuser und Klöster sollen in der Siedlung verstreut sein.

Die Moderne und der Tourismus halten Einzug

Danach gerieten die Sassi di Matera lange in Vergessenheit, bis 1986 ein neues Gesetz zum Erhalt solcher Kulturdenkmäler mahnte. Die Aufnahme der Sassi di Matera in das UNESCO-Weltkulturerbe im Jahr 1993 führte zu besseren Möglichkeiten der Restaurierung. Außerdem bescherte der neue Status dem Ort auch Tausende neue Besucher, die den Tourismus florieren lassen. Das Geld kann man gut gebrauchen.

Einige der ehemaligen Bewohner konnten ihr Glück in den modernen, neuen Wohnungen nicht finden und kehren seit den 1990er Jahren zurück. Die Rückkehr ist allerdings mit der Auflage verbunden, die Wohnungen von Grund auf zu restaurieren und modernisieren. Um den heute üblichen Lebensstandard zu erreichen, wurden oft auch mehrere benachbarte Höhlenwohnungen zusammengelegt. Teilweise half Vater Staat mit einer Förderung bei der Sanierung, die angesichts klammer Kassen inzwischen aber wieder eingestellt wurde.

Die Rückkehr der Bewohner ist allerdings kein Massenphänomen, denn der Staat besitzt immerhin noch rund 80% der Höhlenwohnungen. Neue Investoren eröffnen in den Sassi eher Restaurants, Cafés, Geschäfte und Hotels statt Wohnungen. Doch auch das hilft dem Erhalt der Sassi.

Die Sassi di Matera im Film

Die Sassi di Matera bieten sich als Filmkulisse geradezu an. Ein James-Bond-Film wurde hier ebenso gedreht wie Szenen aus „Die Passion Christi“, „Ben Hur“ und „Wonder Woman“.

Die Felsenkirchen und Klöster

Wer die Sassi von Matera besichtigt, stößt unweigerlich auch auf die vielen Felsenkirchen. Rund 100 Gotteshäuser und Klöster sollen in der Felsenlandschaft verstreut sein. Sie befinden sich auf der anderen Seite der Gravina di Matera an den Hängen der Murgia und werden vom Murgia Materana-Park umgeben. Selbst Paläste gibt es hier und auf der Civita, denen man die vielfältigen kulturellen Einflüsse über die Jahrhunderte deutlich ansieht.

Auf dem Weg über die Pfade, Stufen und verborgenen Gänge stößt man oft überraschend auf massive Kirchen und Klöster, die in den Fels gehauen wurden. Viele der Kirchenschätze sind im Laufe der wechselvollen Geschichte verschwunden, aber es gibt immer noch wundervolle Fresken und Zierrat im Inneren zu sehen. Zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten zählen:

  •   Santa Lucia alle Malve, ein Felsenkomplex, früher eine Klostergemeinschaft,
  •    Convicinio di S. Antonio aus 4 Felsenkrypten,
  •    Santa Maria di Idris
  •    San Giovanni‘ in Monterrone
  •    Santa Barbara mit vielen Fresken,
  •    Madonna delle Virtù und San Nicola dei Greci mit Skulpturenausstellungen,
  •    die Felsenkirche San Pietro Barisano,
  •    die gemauerte Kirche San Pietro Caveoso im Zentrum von Sasso Caveoso,
  •    die Torre Metellana und
  •    die Casagrotta.
 Sassi di Matera - Convicinio di S. Antonio
Im Inneren Convicinio di S. Antonio bewundert man schöne Fresken.

Hotels in den Sassi von Matera

Sie möchten selbst gern einmal das unvergleichliche Gefühl des Lebens in einer Höhlenwohnung spüren? Das ist heute ganz einfach in einem der Hotels in den Sassi von Matera möglich. Keine Angst, Sie müssen nicht wie in der Steinzeit hausen und alle hygienischen Einrichtungen sind modern und vom Feinsten. Sehr beliebt für den Höhlen-Urlaub in Matera sind:

Zur Übersicht der Unterkünfte in den Sassi di Matera.

Anreise

Matera ist über die Staatsstraßen SS 7 und SS 99 an das Hauptstraßennetz angeschlossen und somit per PKW gut zu erreichen. Die Eisenbahnlinie Bari-Matera der Ferrovie Appulo-Lucane endet in Matera. Eine Verlängerung der Strecke in Richtung Ferrandina und darüber hinaus nach Neapel ist derzeit in Planung.

Weitere Ausflugsziele in der Umgebung der Sassi di Matera

In Matera selbst zählen das Castello Tramontano und mehrere Museen zu den weiteren Sehenswürdigkeiten. Im Umkreis von 50 km liegen Bari und Tarent, die beide einen Besuch lohnen.

Unser Reisetipp

Die Sassi di Matera gehören zu den bedeutendsten Sehenswürdigkeiten Italiens und sind UNESCO-Weltkulturerbe. Sie werden kaum Vergleichbares anderswo finden. Daher sind die Sassi von Matera immer einen Tagesausflug wert.

 

 

Fotos auf der Seite „Sassi di Matera“:

Matera, Samuele1607Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, Wikimedia Commons
Ort am Abend, Tango7174 – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, Wikimedia Commons
Höhlenwohnung, Theklan – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, Wikimedia Commons
Felsenkirche in der Siedlung, Gorup de Besanez  – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, Wikimedia Commons
Convicinio di S. Antonio, Niels Elgaard Larsen – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Wikimedia Commons